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Donnerstag, 30.03.2017 12:03 - Alter: 7 Jahre

Trauer um Siri Rovatkay-Sohns

Siri Rovatkay-Sohns ist am 19. März 2017 verstorben. Die Blockflötistin war von 1975 an Lehrkraft, ab 1992 bis zum Ruhestand 2004 berufene Professorin an der damaligen Hochschule für Musik und Theater Hannover. Die Mitglieder der HMTMH trauern mit den Angehörigen.

Die Tochter des Malers Kurt Sohns studierte in Hannover Blockflöte und begann mit zahlreichen Auftritten bei Musikfestivals in Europa und Amerika eine internationale Karriere als Solistin und Kammermusikerin zwischen Renaissance und Frühklassik. Es folgten Rundfunk- und CD-Produktionen, darunter Ersteinspielungen unveröffentlichter italienischer Musik des 17. und 18. Jahrhunderts sowie die Erarbeitung verschiedener Bereiche des Repertoires des 20. Jahrhunderts. Ihr Interesse galt der Erforschung und konzertanten Propagierung der virtuosen Csakan-Musik des frühen 19. Jahrhunderts auf Instrumenten, die den Originalen der Zeit nachgebaut sind.

Als Pädagogin war Siri Rovatkay-Sohns eine der ersten bei der Einführung des historisch informierten künstlerischen Blockflötenspiels in Deutschland. Sie war Gastprofessorin und Kursleiterin an verschiedenen Musikhochschulen und gern gesehenes Jury-Mitglied bei Wettbewerben im In- und Ausland. Ihre ehemalige Studentin Silke Jacobsen: „Ich kann mich noch sehr genau an meine erste Stunde bei Siri erinnern, es war zufällig mein 17. Geburtstag. Ich hatte schon etwa zehn Jahre Blockflöte gespielt, aber in dieser ersten Stunde tat sich für mich eine Tür zu einer wunderbaren großen neuen Welt auf. Erste technische Umstellungen, die Perspektive auf das ganz andere Repertoire, das sie mit mir erarbeiten wollte, all das hätte mich auch überfordern können. Aber sie hat es verstanden, einen so ruhig und behutsam an die Dinge heranzuführen, dass ich einfach nur hochmotiviert und geradezu euphorisch nach Hause ging. Und diese Motivation hat sich durch die ganzen kommenden Jahre gezogen. Ich glaube, ihr 'Geheimnis' war, dass sie uns alle im Unterricht nicht belehrt hat, sie hat nicht doziert, nein, sie hat uns einfach geholfen. Für sie war die Frage der 'historisch informierten Aufführungspraxis' keine Prinzipienfrage, es war einfach eine Frage ehrlich zu sein, ehrlich gegenüber dem Instrument, dem Repertoire, dem Publikum und letztlich auch sich selber. Deshalb haben Siri und die Blockflöte auch so gut zusammen gepasst. Dass die Blockflöte mit ihrer Tongebung, der Artikulation, den offenen Grifflöchern ein sehr 'ehrliches' Instrument ist, ja, das habe ich in der Tat mehrfach von ihr gehört. Bei Siri wurde das alles zu einer Einheit: die Liebe zu den Instrumenten (mit all ihren kleinen Macken, die geduldig gezähmt werden mussten), das Sammeln des Repertoires, das alles war vollkommen selbstverständlich Teil ihres Lebens.  Aber Siri war sicher keine 'Schmalspurmusikerin', sie war ein unglaublich offener Mensch. Ich glaube, keiner von uns Schülern hat je darüber nachgedacht, ob wir sie vielleicht mit all unseren Geschichten  – über Liebeskummer, finanzielle Schwierigkeiten, skurrile, schöne oder schreckliche Erlebnisse – belasten. Und so haben wir alle erzählt, und sie hat geantwortet – und es gab unzählige wunderbare Gespräche. Siri hat sicher ein sehr erfülltes Leben gehabt, das hilft vielleicht ein bisschen darüber hinweg, dass es nun einfach irgendwie etwas zu früh beendet ist. Und vielleicht hilft es auch, dass ihre Welt weitergetragen wird, immerhin gibt es inzwischen Schüler von Schülern von Schülern von Siri.“

Siri Rovatkay-Sohns war von 1994 bis zu ihrem Dienstende Mitglied der Senatskommission für Frauenförderung und Gleichstellung, seit 1999 als deren Vorsitzende. Von 1996 bis 1998 wirkte sie als nebenamtliche Frauenbeauftragte und setzte sich engagiert für die Belange der Kolleginnen aus Kunst, Wissenschaft und Verwaltung sowie der Studentinnen ein. Birgit Fritzen, damals Referentin im Frauenbüro, über Siri Rovatkay: „Sie war stets besonnen in ihrem Wirken und dabei beharrlich in der Sache. Die Unterstützung der Frauen an der Hochschule war ihr ein großes Anliegen, das sie mit großem Einsatz verfolgt hat. Die beiden ersten Künstlerinnen im Dorothea-Erxleben-Programm der Hochschule sind u. a. dank ihres Engagements gefördert worden.  Sie hat einen maßgeblichen Beitrag dazu geleistet, dass die Gleichstellungsarbeit an der Hochschule heute so erfolgreich ist. Darüber hinaus war sie ein wunderbarer, humorvoller und offener  Mensch. Ihr Tod ist ein großer Verlust.“