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Dienstag, 24.03.2020 17:00 - Alter: 4 Jahre

An deutschen Grundschulen fehlen 23.000 ausgebildete Musiklehrkräfte

Studie des Instituts für musikpädagogische Forschung (ifmpf) liefert erstmals belastbare Zahlen zur Situation auf Länderebene

Viele Schulkinder haben keine hinreichende Chance auf musikalische Bildung in der Grundschule, weil Musik zu selten unterrichtet wird und zu oft von nicht dafür ausgebildeten Lehrkräften – Tendenz steigend. Dies ist das Ergebnis einer am Institut für musikpädagogische Forschung der HMTMH durchgeführten Studie im Auftrag des Deutschen Musikrats und der Konferenz der Landesmusikräte, finanziert durch die Bertelsmann Stiftung. Erstmals überhaupt liegen damit belastbare Zahlen zur Situation des Musikunterrichts auf Länderebene vor.

Für die Studie „Musikunterricht in der Grundschule – Aktuelle Situation und Perspektive“ haben die Professoren Dr. Andreas Lehmann-Wermser, Direktor des Instituts für musikpädagogische Forschung (ifmpf), Dr. Horst Weishaupt, ehem. Forschungsdirektor am DIPF (jetzt: Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation) sowie ifmpf-Mitarbeiterin Ute Konrad seit dem Jahr 2017 Daten der Statistischen Landesämter, der Kultusministerien und des Statistischen Bundesamtes zusammengetragen und ausgewertet.

Im Ergebnis zeigen sich zunächst große Unterschiede darin, wie viel schulischer Musikunterricht in den einzelnen Ländern überhaupt erteilt werden soll. Während dieser Wert zu einem hohen Prozentsatz tatsächlich erreicht wird, unterscheidet sich der Umfang des fachfremd erteilten Musikunterrichts deutlich.

In den 14 Bundesländern, deren Daten für die Auswertung herangezogen werden konnten, gibt es einen Bestand von rund 17.000 Musiklehrerinnen und -lehrern. Um den in den Lehrplänen der Länder vorgegebenen Umfang an Musikunterricht fachgerecht abzudecken, würden rechnerisch jedoch ca. 40.000 Musiklehrkräfte benötigt. Im Ergebnis fehlen in den 14 untersuchten Ländern rund 23.000 grundständig ausgebildete Musikpädagoginnen und -pädagogen. Dies führt dazu, dass lediglich 43 Prozent des von den Ländern vorgeschriebenen Unterrichts von grundständig ausgebildeten Musiklehrkräften erteilt wird. Im Westen Deutschlands wird tendenziell öfter fachfremd unterrichtet als in Ostdeutschland.

Neben der Analyse des Status quo nahmen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Abschätzung der mittelfristigen Entwicklung vor: Werden keine Gegenmaßnahmen ergriffen, stiege der Mangel an grundständig ausgebildeten Musiklehrkräften für die Grundschule weiter an, da sich in den kommenden acht Jahren die Lücke auf voraussichtlich rund 25.000 fehlende Lehrerinnen und Lehrer vergrößert. Die wachsende Kluft entsteht einerseits dadurch, dass altersbedingt mehr Musiklehrkräfte den Schuldienst verlassen als Nachwuchskräfte nachrücken. Sowohl die Studierenden- als auch die Absolvierenden-Zahlen der 2. Staatsprüfung sind seit Jahren stark rückläufig. Zum anderen nimmt der Bedarf an Lehrkräften infolge der steigenden Zahl von Grundschulkindern weiter zu. Die aktuelle Situation in den Bundesländern stellt sich dabei sehr unterschiedlich dar.

Die Autoren der Studie empfehlen ausgehend von den Ergebnissen der Untersuchung folgende Maßnahmen: bedarfsgerechter Ausbau der Studienkapazitäten, Erhöhung des Stundenanteils, mit dem ausgebildete Musiklehrkräfte das Fach Musik unterrichten sowie, für eine Übergangsphase, die Gewinnung von Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern nach verbindlichen Standards. Damit eine Versorgung mit qualifizierten Musiklehrkräften künftig sichergestellt werden kann, brauche es außerdem ein deutschlandweit konsistentes Monitoring unter dem Dach der Kultusministerkonferenz.

Die Studie zum Nachlesen und Download: https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/musikunterricht-in-der-grundschule-all

Rückfragen beantworten:

Prof. Dr. Andreas Lehmann-Wermser
andreas.lehmann-wermser@hmtm-hannover.de

Ute Konrad
ute.konrad@hmtm-hannover.de