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Mittwoch, 20.09.2023 11:25 - Alter: 1 Jahre

Trauer um Anton Plate

Die Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover (HMTMH) trauert um den Komponisten und Musiktheoretiker Anton Plate. Sein Leben und Wirken war über mehr als vier Jahrzehnte eng mit unserer Hochschule verknüpft.

Anton Plate wurde am 4. Januar 1950 in Hildesheim geboren. Mit fünf Jahren erhielt er den ersten Klavierunterricht, ab dem 13. Lebensjahr war er als Organist im Hildesheimer Dom tätig. Nach dem Abitur in Hildesheim studierte er ab 1968 an der Musikhochschule Hannover zunächst das Fach Künstlerisches Lehramt Musik an Gymnasien und schloss dieses Studium 1972 ab. Anschließend studierte er Musiktheorie bei Alfred Koerppen und Komposition bei Heinich Sutermeister und legte 1975 die Erweiterungsprüfung für das Hauptfach Tonsatz und Gehörbildung ab. Zu dieser Zeit war er bereits seit mehreren Jahren als Komponist tätig. Als solcher war er im Jahr 1976 Stipendiat in der Villa Massimo, im Jahr 1979 erhielt er das Niedersächsische Künstlerstipendium.

„Anton Plate ist immer das gewesen, was er bis zu seinem Lebensende war: Komponist. Einer also, der Musik erfindet. Einer von denen, ohne die unser ganzes Bemühen, unser Dasein als Musiker überflüssig und tatsächlich sinnlos wäre“, so brachte es Martin Brauß, Professor für Oper/Dirigieren an der HMTMH, bei der Trauerfeier für Plate auf den Punkt. „Komponieren bedeutete für ihn, eine eigene musikalische Welt mit seinen Tönen neu zu schaffen aus Freude am musikalischen Nachdenken und Erfinden. Diese seine Welt aber war immer eine Gegen-Welt, weil er ein tiefes, manchmal verzweifeltes Ungenügen an dieser unserer heillos normalen Welt empfand.“ Mit „geradezu brachialer Standhaftigkeit“ habe Plate sich einem Kulturbetrieb verweigert, der „künstliche Karrieren fabriziert und Scheinriesen erschafft.“ Er sei misstrauisch gewesen „gegen den Glanz der Blender, den schnellen Erfolg der Schwätzer. Aber er liebte das Licht und das unverbrauchte Wort und den selbstgedachten Gedanken.“

Zu Plates Werken zählt u. a. die 1983 entstandene Oper "Lisabetta und Lorenzo", die von Jean Soubeyran inszeniert wurde, der auch am Libretto mitgearbeitetet hatte. Zwischen 1999 und 2003 schrieb Plate im Auftrag von Ingo Metzmacher und dem Philharmonischen Staatsorchester Hamburg die Orchesterwerke "You Must Finish Your Journey Alone", "Passing", "Leaving", "At The River" und "Abschied" für die Reihe "Who Is Afraid Of 20th Century Music?" Noch in diesem Jahr gab es zwei Uraufführungen von Plates Werken unter der Leitung von Metzmacher: Im Januar spielte die NDR Radiophilharmonie erstmals die sechsätzige Sinfonie "Líberation" für Sopran und Orchester, im April folgte das Orchesterwerk "Casino" mit dem Deutschen Sinfonie-Orchester Berlin.

„Im Komponieren“, so hatte es Anton Plate im Jahr 1991 selbst in einem Lebenslauf geschrieben, habe er spätestens seit 1970 seine „wichtigste Tätigkeit“ gesehen und „wesentlich daraus“ auch seine „Profession als Lehrer“ abgeleitet. Am 1. Dezember 1973 erhielt Plate einen Lehrauftrag für Generalbass, Partitur und Improvisation an der heutigen HMTMH, die kurz zuvor in den Neubau am heutigen Neuen Haus gewechselt war, um in eine neue Zeit aufzubrechen. Ab 1975 arbeitete er als hauptberufliche Lehrkraft in diesem Bereich und wurde mit Wirkung vom 22. November 1982 als C2-Professur für das künstlerische Fach Tonsatz und Gehörbildung übernommen. Im September erhielt er eine C3-Professur. Über viele Jahre engagierte er sich im Senat der Hochschule.

„Sein Denken und mithin sein ganzes Dasein und Wirken als Hochschullehrer war auf eine unvergleichliche Weise eigenständig“, erinnert sich Martin Brauß: „Sie bezog ihre charakteristische Kraft aus drei – unterschiedlich gewichteten – geistig und politisch extrem dynamischen Bewegungen: dem alten deutschen Humanismusideal, der wilden, glückssuchenden amerikanischen Freiheitsutopie und dem neuen deutschen 68er-Widerstand gegen das verlogene Verschweigen, Verbrämen und Vergessen.“

Ende Juli 2010 wurde Anton Plate aus gesundheitlichen Gründen in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Ihm zu Ehren fand im April 2013 ein Abschiedskonzert im Richard Jakoby Saal statt: Das Junge Sinfonieorchester Hannover, dessen Dirigent er von 1973 bis 1998 gewesen war, spielte neben anderen Werken auch Plates Ouvertüre „AHAB“.

Anton Plate war für mehrere Studierendengenerationen ein inspirierender und wegweisender Lehrer und eine über Jahrzehnte hinweg prägende Persönlichkeit unserer Hochschule. Er starb am 8. September im Alter von 73 Jahren in Braunschweig. Wir werden seiner dankbar gedenken.