1918! Musik im Zeichen der Katastrophe
Im Gedenken an das Ende des 1. Weltkriegs vor 100 Jahren veranstaltet die Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover zwischen dem 30. Mai und 28. November 2018 eine fünfteilige Konzertreihe mit Lehrenden und Studierenden sowie dem Hochschulorchester im Richard Jakoby Saal.
„Während wir vor vier Jahren des Ausbruchs des 1. Weltkrieges aufwändig gedachten, haben die Zeitgenossen wohl eher den Ausgang dieser ‚Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts‘ als einen epochalen Einschnitt empfunden“, ordnet der Musikwissenschaftler Dr. Lorenz Luyken die Bedeutung des Konzertvorhabens ein. „Je nach ihrer jeweiligen Lebenssituation haben die zeitgenössischen Komponisten sehr unterschiedlich auf diesen Einschnitt reagiert.“ Fünf Konzerte im aktuellen Sommer- und bevorstehenden Wintersemester spiegeln die verschiedenen Facetten.
Abgesang | 30. Mai 2018
Die Generation der um 1860 Geborenen konnte ihre großen Erfolge noch im überkommenen System feiern. Viele von ihnen blickten mit Skepsis oder gar Resignation auf den großen Umbruch, und so wundert es nicht, dass ihrer um den Epochenschnitt herum entstandenen Musik in all ihrem Reiz häufig etwas Herbstliches anhaftet. Aus solchen Werken – wie etwa Edward Elgars prachtvoll-melancholischem Klavierquintett von 1918 – tönt der Abgesang auf eine vergangene Zeit.
Programmvorschau:
Ferruccio Busoni: Elegie für Klarinette und Klavier
Edward Elgar: Klavierquintett op. 84
Hans Pfitzner: Sonate für Violine und Klavier op. 27
Camille Saint-Saëns: Sonate für Fagott und Klavier
Mit u. a.: Nuno Azevedo, Markus Becker, Susanne Geuer, Leonid Gorokhov, Mariya Kim, Natsumi Ohno, Rihae Park, Kana Sugimura, Yuliia Van, Krzysztof Wegrzyn
Völkerfrühling | 06. Juni 2018
In der Musik der jungen Nationen vermischt sich auf jeweils charakteristische Weise leidvolles Gedenken an Fremdherrschaft und an den Kampf dagegen mit Freude über die mühsam errungene Selbstbestimmung und Stolz, zum Fortschritt der europäischen Kultur nun in Freiheit eine eigene, unverwechselbare Stimme beisteuern zu können. Welch fantastische Blüten dieser Frühling hervorzubringen vermochte, lässt sich womöglich besonders eindrucksvoll an der Musik Leoš Janáčeks miterleben, einem glühenden Panslawisten, Humanisten und tschechischen Patrioten, dessen Schaffen im siebten Lebensjahrzehnt im Hochgefühl der nationalen Unabhängigkeit einen unvergleichlich glanzvollen Aufschwung erfährt.
Programmvorschau:
George Enescu: Sonate für Violine und Klavier Nr. 3
Leoš Janáček: Capriccio
Sergej Prokofjew: Klaviersonate Nr. 4 c-Moll op. 29
Karol Szymanowski: Slopiewne op. 46 für Sopran und Klavier
Joaquín Turina: La Oración del Torero
Mit u. a.: Tolga Akman, Andrei Banciu, Martin Brauß, Konny Chen, Gerhard Quartet, Ioana Cristina Goicea, Mária Lantos, Ellen Lee, Billur Ongun, Wojciech Prokopowicz, Maxime Schwartz, Dorota Szczepańska, Maxine Troglauer, Jun-Ho Yeo, Christian Zimmer
Trauma | 31. Oktober 2018
Man könnte meinen, das Erlebnis des Krieges und des Zusammenbruchs habe eine Menge aufgewühlter Musik hervorgebracht – dem ist aber nicht so. Es gibt keinen Otto Dix der Musik. Viele der komponierenden Zeugen der Katastrophe haben ihr Trauma verdrängt, sublimiert oder mit erheblicher Verzögerung zum Ausdruck gebracht. Der Engländer Arthur Bliss etwa, im Grabenkampf dreimal verwundet, überraschte unmittelbar nach dem Krieg mit einigen frech-kurzen Grotesken, zu denen auch Madame Noy gehört. Kein Wort darin von Krieg und Leid, dafür ein entschiedene Absage an jenen deutsch-romantischen Stil, den Bliss offensichtlich mit der Katastrophe identifizierte. Erst zwölf Jahre später entsteht mit Morning Heroes ein großes oratorisches Werk, in dem er den Soldatentod seines Bruders thematisiert.
Programmvorschau:
Einführung durch Dr. Lorenz Luyken um 18:45 Uhr im Hörsaal 202
Claude Debussy: En blanc et noir L 134
Lili Boulanger: „D’un soir triste“
Maurice Ravel: „La Valse“ für 2 Klaviere
Maurice Ravel: „Frontispice“ für Klavier zu fünf Händen
Alfredo Casella: Pagine di Guerra
Arthur Bliss: Madame Noy op. 10
Benjamin Britten: War Requiem (excerpts)
Bernd Goetzke liest aus seiner Übersetzung der Briefe von Claude Debussy
Mit Lehrenden und Studierenden der HMTMH, u. a. Aglika Genova, Liuben Dimitrov, Markus Schäfer, Peter Anton Ling, Martin Brauß
Konzerte des Hochschulorchesters | 15., 16. und 17. November 2018
Programmvorschau 15. November 2018:
Keine Einführung
Programmvorschau 16. November 2018:
Ausverkauft! Ggf. Restkarten an der Abendkasse
Einführung um 18:45 Uhr in Raum E50
Programmvorschau 17. November 2018:
Einführung um 18:45 Uhr im Hörsaal 202
Richard Strauss: Der Bürger als Edelmann op. 60
Igor Stravinsky: Le sacre du Printemps
Hochschulorchester der HMTMH
Leitung: Eiji Oue
Aufbruch | 28. November 2018
Das Finalkonzert ist den jüngeren Komponisten gewidmet, die sich 1918 in einer Lebensphase befinden, die gewöhnlich ganz im Zeichen der Suche nach einer eigenen künstlerischen Identität und einer kritischen Auseinandersetzung mit der Tradition steht. Sie sind im Aufbruch begriffen, und dieser Aufbruch erhält nun durch die Zeitläufte eine besondere Dynamik. Daraus entsteht das, was wir auch ein Jahrhundert danach immer noch als (die) Neue Musik wahrnehmen. Im Werk etwa des umtriebigen, anscheinend keine ästhetischen Tabus kennenden jungen Paul Hindemith tritt sie uns in unverbraucht frischer Provokanz entgegen.
Programmvorschau:
Einführung um 18:45 Uhr in Raum E45
Igor Stravinsky: L’Histoire du Soldat (Trio-Fassung)
Francis Poulenc: Sonate für 2 Klarinetten
Othmar Schoeck: Gaselen. Liederfolge nach Gedichten von Gottfried Keller op. 38 für Bariton und Ensemble
Paul Hindemith: Kammermusik Nr. 1 op. 24/1 mit Finale
Mit Lehrenden und Studierenden der HMTMH
Veranstaltungsreihe in der Übersicht
1918!
Musik im Zeichen der Katastrophe
Konzertreihe im Gedenken an das Ende des Ersten Weltkrieges
Termine: 30. Mai, 06. Juni, 31. Oktober, 15.-17. November, 28. November 2018 | 19:30 Uhr | Richard Jakoby Saal, Neues Haus 1
Einführung: Das Hochschulorchesterkonzert vom 15. November 2018 ausgenommen, geht jeder Veranstaltung eine Einführung voraus. Beginn ist jeweils um 18:45 Uhr im Hörsaal 202 (16. November: Raum E50).
Eintritt:
Konzerte Abgesang, Völkerfrühling, Trauma, Aufbruch: 8 € (erm. 6 €) |
Konzerte des Hochschulorchesters: 12 € (erm. 8 €)
Der Kartenvorverkauf startet jeweils einen Monat vor Veranstaltungsbeginn.
Kartenvorverkauf
Kartenvorverkauf
Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover
Neues Haus 1, 30175 Hannoverkartenvorverkauf@hmtm-hannover.de
Sprechzeiten:
Kartentresen:
Mo, Di 14-15:30 Uhr
Do, Fr 10-12 Uhr
Telefon:
Mi 10-12 Uhr unter
+49 (0)511 3100-333
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Zuletzt bearbeitet: 13.02.2019
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